SCHLINGENSIEF UND SAMBA (TAGESSPIEGEL)

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Mit einer bunten Mischung aus Oper, Feuerwerk, Samba und regionalen Tänzen ist im brasilianischen Regenwald das 11. „Festival Amazonas de Opera“ eröffnet worden. Auch der Berliner Regisseur Christoph Schlingensief ist dabei.

Manaus – Rund 25.000 Menschen verfolgten in der Provinzhauptstadt Manaus ein Freiluft-Konzert von 400 Musikern und Sängern aus Deutschland, Japan, den USA, Russland, England, Österreich, Argentinien und Brasilien.

Unter anderem gab es eine erste „Open-Air-Kostprobe“ von Richard Wagners Oper „Der fliegende Holländer“ (O Navio Fantasma/Das Geisterschiff). Deren Neuinszenierung durch den Berliner Regisseur Christoph Schlingensief soll am Sonntag über die Bühne des ebenso legendären wie prunkvollen Teatro Amazonas gehen. Eine zweite Vorstellung soll am 25. April folgen.

Zuschauer, Musiker, Angehörige von Sambaschulen und Politiker zogen in einer „Prozession“ mit Karnevalswagen singend und tanzend zum Hafen. Dort wagte Schlingensief an der Seite von Tänzerinnen in knappen Bikinis begeistert Sambaschritte. Der Regisseur fuhr mit seiner Truppe – ein internationales Sängerensemble, einheimische Darsteller aus den Armenvierteln von Manaus und auch die kleinwüchsige Karin Witt und Klaus Beyer aus Schlingensiefs Berliner Mannschaft – mit einem Schiff auf dem Rio Negro weiter. Später wurde dann bei Fackelschein in einem zugewachsenen Dschungelkloster Musik aus dem „Holländer“ intoniert.

Schlingensief: „Der größte Traum meines Lebens“

„Es ist der helle Wahnsinn, wir haben Kinski, Wagner und Artaud beerdigt, es ist der größte Traum meines Lebens, der hier möglich wurde“, sagte Schlingensief. „Es war, als hätte von ganz oben jemand noch mitgeholfen.“ Die dabei gedrehten Filmaufnahmen verwendet der Regisseur bei seiner Operninszenierung. An der „Prozession“ nahm auch die Witwe von Allan Kaprow teil. Der 2006 gestorbene amerikanische Künstler gilt als Begründer des Happenings in Malerei, Theater und Musik. Schlingensief hatte ihm im September eine Inszenierung an der Berliner Volksbühne gewidmet („Kaprow City“).

Für Schlingensiefs abenteuerliches Opernprojekt hat sich das Kultursekretariat des Bundesstaates Amazonas mit dem Goethe-Institut und der Bundeskulturstiftung zusammengetan. Musikalischer Leiter ist Luiz Fernando Malheiro, der vor zwei Jahren mit einer ersten brasilianischen Gesamtaufführung von Wagners „Ring des Nibelungen“ im Teatro Amazonas weltweit Furore machte.

150 Millionen Euro für Dschungel-Spektakel

Das Festival in Manaus dauert bis zum 26. Mai. Die Organisatoren investierten 400 Millionen Real (etwa 150 Mio. Euro) für das Spektakel im Dschungel. Neben Schlingensiefs Inszenierung wird auch die Weltpremiere der brasilianischen Oper „Poranduba“ des Komponisten Edmundo Villani Côrtes am 20. Mai mit Spannung erwartet.

„Für mich hat die Amazonas-Region etwas mystisches“, sagte Schlingensief dem Nachrichtenportal „Amazonia“. Er habe erstmals Bilder des zur Zeit der Kautschukbarone 1896 fertig gebauten und 1929 restaurierten Amazonas-Theaters in Werner Herzogs Film „Fitzcarraldo“ gesehen und seit Jahren dort arbeiten wollen. Zwei Monate war der 46-jährige Schlingensief im Dschungel mit seinen Mitspielern unterwegs, um Filmaufnahmen für die Inszenierungen zu machen. Neben einem internationalen Sängerensemble und einem ganz in Weiß gewandeten Orchester treten bei der Premiere am Sonntag auch „typische Vertreter“ der einheimischen Bevölkerung auf, etwa eine 84-jährige Sambatänzerin. (tso/dpa)

(Tagesspiegel, 21.4.2007)