IM WANDELGANG (DER STANDARD)

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Besprechung der aktuellen Installation „Der König wohnt in mir“ von Christoph Schlingensief im Kunstraum Innsbruck

Von (pen)

Traditionell kümmert man sich dieser Tage im Alpenraum um die Leidensgeschichte des Erlösers. Im Kunstraum Innsbruck, wo Christoph Schlingensief nach dem Trem Fantasma von São Paulo einen Passion Train auf Schiene bringen wollte, konfrontiert nun eine Installation namens Der König wohnt in mir mit existenziellen Grundthemen. Es geht um Schmerz und Vergänglichkeit, Religiosität und Ritus, den Körper und die Kunst.

Ganz mit Silberfolie ausgeschlagen ist die Halle, an den Wänden lehnen schwarze Kamine. Gemütliches Knistern liegt diesen
fern: Tonlos läuft an der Stelle des Feuerchens Videomaterial, das Schlingensief vergangenen Winter in Nepal für Innsbruck und seine Berliner Operninszenierung Szenen aus dem Leben der Heiligen Johanna drehte: Sadhus – beseelt oder besessen -, Opferzeremonien, ein Hospiz. Jede dieser Stationen, die man im Uhrzeigersinn abschreitet, entspricht einem Raum auf der Bühnenkonstruktion. Die Abteilungen sind ausgestattet mit Arztbedarf und großen Fotos. Komplex inszeniert Schlingensief sich selbst:

Konsequent im weißen Anzug mit Gilet, einmal Seite an Seite mit einem Gläubigen, einmal in markierter Künstlerpose, während in Bodennähe geschuftet wird. Der konzentrische Zirkelweg birgt einen Abschiedsplatz. Die Installation ist voll von Verweisen. Ein Raum zitiert Beuys‘ zeige deine wunde. Dort geht ein großes aufgemaltes Herz am Rücken von Schlingensiefs Sakko an die Substanz: Das Wagner-Universum mitgedacht, kann das Zeichen für Liebe auch Umriss eines Riesen-Lindenblattes sein. Unverwundbarkeit ist eine Illusion.

DER STANDARD, 6.3.2008

Kunstraum Innsbruck, Di-Fr 11-18/Sa 11-16. Bis 29. 3.