Odins Auge – Erste animatographische Projektion

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Götter, Gral und die goldene Zeit der Hippies

Kunst-Superstars basteln eine vergnügliche Ausstellung. Ein Projekt zwischen Puppenspiel und Rockoper punktet vor allem mit Livemusik.

VON WALTER TITZ

Gehen Sie da rein! Sie müssen da rein gehen. Und drehen!“ Christoph Schlingensief macht seinem Ruf, begeisterungsfähig zu sein, alle Ehre. Auf dem Dachboden eines Wiener Stadtpalais. Dort hat das deutsche Multitalent mit stetem Aufregungspotenzial „Odins Auge“ installiert. Teil der aktuellen Arbeit „Animatograph“, Folge von Schlingensiefs Befassung mit Richard Wagners „Parsifal“ (den er 2004 in Bayreuth inszenierte).

Zwischen Spinnweben, wuchtigen Balken, schon vorhandenen Waschmaschinen und Klomuscheln dreht sich alles um germanische Götter. Im Wortsinn: Die Projektionsflächen sind teils an Wäscheständern – „Drehen Sie selbst!“ – montiert. Da werden Fische zu Penissen und „das Gute“ tritt im auf Island gedrehten Video als afrikanischer Strauß verkleidet auf. Lustvoll-respektloser Umgang mit Göttern und Gral, verästelt in Zeit und Raum.

„Odins Auge“ ist kurzfristig improvisierter Teil der Schau „Puppets & Heavenly Creatures“. Ebenfalls direkt unter dem Dach lässt John Bock mittels Periskop in das „Dada-Chaos“ einer Wohnhöhle blicken. Zwei Geschosse darunter geht es um amerikanische Götter- und Heldensagen. In einer von Dan Graham dominierten Materialsammlung zum Thema 1960er-Jahre. Die Nummer 42 des Capital-Kunstkompasses 2004 und seine Kollegen Paul McCarthy (Rang 30), Tony Oursler (61), Jason Rhoades (76) und Rodney Graham (84) erinnern sich mit Bildern, Videos und Objekten der goldenen Tage der Jugendrebellion. Mit durchaus gemischten Gefühlen, wie Graham bei der Präsentation mit stiller Ironie feststellte: „Wir waren alle Hippies. Jetzt sind wir es nicht mehr.“

„Puppets & Heavenly Creatures“ ist unmittelbar verknüpft mit „Don’t Trust Anyone Over Thirty“, Multimedia-Spektakel von Dan Graham, Tony Oursler und Rodney Graham. Darin wird Rockstar Neil Sky, 24, US-Präsident, lässt alle über dreißig in komfortablen Internierungsresidenzen unter Drogen setzen, um schließlich vom Adoptivsohn Dylan, 8, entmachtet zu werden.

Puppen, Projektionen und Livemusik (fabelhaft das Duo „Japanther“) machen die inhaltlich ziemlich dünne 50-Minuten-Collage durchaus vergnüglich.

Puppets & Heavenly Creatures. T-B A 21, Wien, Himmelpfortgasse 13. Bis 29. Juli. www.TBA21.org.