Die diesjährige Berlinale-Jurypräsidentin Tilda Swinton und Udo Kier in Schlingensiefs EGOMANIA von 1986. Vom 5. bis 11. Februar täglich im Central – Kino Berlin/Hackescher Markt (mit englischen Untertiteln)
EGOMANIA Christoph Schlingensief, D 1986, 84 min
Ein anderes Weltende wird es nicht geben: Erbitterte Kämpfe voller Hass und Liebe um Inzest und Reichtum. Udo Kier als Tante des Teufels und Tilda Swinton als Brünhilde. Ein junges Paar gefangen im ewigen Eis, in zärtlicher Liebe, von allen bedroht.
Auf einer trostlosen Ostseeinsel herrscht der unheimliche, vampirähnliche Baron Tante Teufel. Wo früher Friede und Freude das Leben der Inselbewohner bestimmte, walten nun Hoffnungslosigkeit und Zwietracht. Als plötzlich eine wahre Liebe die Tristesse seiner Insel „bedroht“, dreht der Baron durch…
Früher lebten die Menschen auf der trostlosen Insel in der Ostsee in Frieden und Partylaune, doch nun hat Zwietracht und Hoffnungslosigkeit Besitz von der Gesellschaft ergriffen. Der Herrscher des winterlich verwehten Eilands ist der verdächtig an einen Vampirgraf erinnernde Baron Tante Teufel, dem schon einige junge Mädchen zum Opfer gefallen sind. Als plötzlich wahre Liebe die Eiseskälte zu brechen droht, sieht der wahnsinnige Blaublütler buchstäblich rot. Um die Liebe im Keim zu ersticken, scheut er vor nichts zurück…
Central Kino
Rosenthaler Strasse 39
Berlin-Mitte
05. – 11.02.: Do + Mo – Mi 23:45 / Sa + So 14:00
Credits:
Regie, Drehbuch: Christoph Schlingensief – Kamera: Dominik(us) Probst – Schnitt: Thekla von Mülheim (= Christoph Schlingensief) – Musik: Tom Dokoupil, Christoph Schlingensief, Helge Schneider, Sonoton/München, Ella Johnson – Darsteller: Udo Kier, Tilda Swinton, Uwe Fellensiek, Anna Fechter, Anastasia Kudelka, Volker Bertzky, Dietrich Kuhlbrodt, Wolfgang Schulte, Ark Boysen, Melf Boysen – Sprecher: Werner Funke, Anna Fechter, Christopher Krieg (= Christoph Schlingensief) u.a. – BRD 1986 – 84 min.
„In EGOMANIA scheint die Harmonie in der Welt zerbrochen, alle Hoffnung gescheitert. Wüst ist das Land, und die See geht hoch. Schlingensiefs wahn-haft dunkle Insel ohne Hoffnung ist ein Dorado für Schimmel- reiter. Schlingensief sagt: „Handle, wie dir dein Dämon vorschreibt.“ Und wir hören Schiller: „Gehorcht dem Dämon, der Euch sinnlos wütend treibt.“ Er zeigt drei schwarzvermummte Frauen, die wie verzweifelteTiere die Leiche eines Märtyrers ins Eis schleppen, und wir denken an die Hexen aus ‚Macbeth‘. Natürlich treiben auch Schlingensiefs Eisschollen nicht vom Ozean, sondern von Caspar David Friedrich auf uns zu, und als wir auf einer Schrifttafel in schwarzen Lettern lasen „Ein Schiff wird kommen“ war die Frage nur, in welcher Variante der »Holländer«-Mythos erscheinen wird. Schließlich klebte eine fliegende Holländerin am segellosen Mast einer elenden Rostschüssel. Durch dieses Chaos der schiefen Zitate, unterstützt von dröhnenden Geräuschen aus der Punkzeit taumelt Schlingensief dem Ende der Illusion entgegen. Rette sich, wer kann, vor gebildeten Exegeten. Denn erst auf der Flucht vor den Zitaten findet man in die Bewegung des Films, in dein alles zu Ende geht. Noch spannender wird sein, was auf das Pathos dieser letzten Vorstellung folgt.“ (Helmut Schödel, DIE ZEIT)
„Ein Melodrama von Schlingensief? Hier ist es! Das, was viele von ihm schon immer sehen wollten. Ein Frühschuss von 1987. Für mich sein bester Film!“ (Süddeutsche Zeitung)
„Ein junger Oberhausener entwickelt sich mit halsbrecherischem Tempo zum Apokalyptiker des deutschen Films.“ (EPD Film)
„Er gilt als „enfant terrible“ der deutschen Filmszene: Regisseur Christoph Schlingensief (‚Tunguska‘, ‚Das deutsche Kettensägenmassaker‘), der EGOMANIA mit einem Augenzwinkern als „das größte Liebesdrama aller Zeiten“ beschreibt. Unter den frühen Filmen des Kulturanarchisten bietet dieses ästhetisch an Caspar David Friedrich gemahnende Eiswüsten-Bilderrätsel und erste Filmwerk des späteren Provokateurs eine experimentelle Auseinandersetzung mit der deutschen Romantik. Die Nähe zum Kitsch ist bewusst gesucht. Am Ende gehen Udo Kier und Tilda Swinton, der durchgedrehte Baron Tante Teufel und die schöne Sally, gemeinsam dem rot getränkten Sonnenuntergang entgegen: „Ein anderes Weltende wird es nicht geben.“ ‚Egomania – Insel der Hoffnung‘ wurde 1987 mit dem Max-Ophüls-Preis ausgezeichnet.“ (prisma)