VOM REBELLEN ZUM PROFESSOR (FOCUS)

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Mit seinen Kunstaktionen sorgte Regisseur Christoph Schlingensief immer wieder für Aufsehen. Nun wurde dem Krawallmacher eine Professur für „Kunst in Aktion“ verliehen.

Der deutsche Regisseur Christoph Schlingensief wird Professor an der Hochschule für Bildende Künste (HBK) in Braunschweig. Das niedersächsische Kulturministerium habe dem 48-Jährigen eine Professur für „Kunst in Aktion“ verliehen, wie ein HBK-Sprecher am 8. April mitteilte.

Schlingensief werde Studenten an seinen Inszenierungen mitwirken lassen. Außerdem plane er, gemeinsam mit dem Staatstheater Braunschweig jährliche, öffentliche Projekte zu erarbeiten. Die Professur ist auf fünf Jahre befristet.

Meister der Provokation

Im Laufe seiner Karriere sorgte der Regisseur, Autor und Aktionskünstler immer wieder für Aufsehen. TV-Filme wie seine Deutschlandtriologie („100 Jahre Adolf Hitler – Die letzte Stunde im Führerbunker“, „Das deutsche Kettensägenmassaker“, „Terror 2000“) oder Theaterstücke wie „Rocky Dutschke, 68“ – bei dem Schlingensief mit geistig behinderten Darstellern arbeitete – wurden als eindeutige Provokation verstanden.

Schlingensief versuchte außerdem, die Grenzen zwischen Kunst und Politik zu verwischen. 1997 gründete er etwa die Partei „Chance 2000“, mit der er auch in den Wahlkampf zog. Zu seinen bekanntesten Aktionen gehört der Aufruf an alle deutschen Arbeitslosen, gleichzeitig im Wolfgangsee zu baden, ihn zum Überlaufen zu bringen und dadurch Helmut Kohls Urlaubsdomizil zu überschwemmen.

Ende März hatte Schlingensief mit großem Erfolg seine jüngste Inszenierung „Mea Culpa“ am Wiener Burgtheater herausgebracht, in der er sowohl seine Krebserkrankung als auch den wiedererwachten Lebenswillen eindrucksvoll thematisierte. Die Erkrankung hatte bereits in seiner Inszenierung „Eine Kirche der Angst vor dem Fremden in mir“ bei der Ruhrtriennale 2008 im vergangenen Herbst eine Rolle gespielt.

FOCUS vom 9.04.2009 mak/dpa