Beitrag zum Thema „Hitler im Film“, anläßlich des Kinostarts von „Mein Führer“ mit Helge Schneider in der Hauptrolle
(kna)
Nazi-Geschichten laufen derzeit auf allen Kanälen und in jeder Tonart. Dabei darf immer öfter auch gelacht werden – wie in Dani Levys Hitler-Satire „Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler“, die am 11. Januar im Kino startet. In ihr gibt der Komiker Helge Schneider den Diktator, dem auf Grund seiner Depressionen sein früherer jüdischer Schauspiellehrer an die Seite gestellt wird, um ihm wieder mehr Selbstbewusstsein zu verschaffen.
Eine andere Hitler-Satire hat ihre Karriere auf den Videoplattformen des Internets gemacht, der Kurzfilm „Der Bonker“ von Felix Gönnert nach der Comicfigur von Walter Moers. „Berlin, 30. April 1945. Die Welt brennt, Deutschland liegt in Schutt und Asche, und Japan geht es auch nicht mehr so gut. Aber einer lässt sich nicht unterkriegen – im Führerbunker brennt noch Licht.“
Mit diesem Vorspann beginnt die freche Satire auf die Person des „Führers“. Er rappt, sitzt auf dem Klo, putzt sich die Zähne und planscht in der Badewanne, in der der Chor der Adolf-Enten singt: „Adolf, du alte Nazisau, kapitulier doch endlich.“
Das Lachen über Hitler ist salonfähig geworden – und hat eine lange Tradition. Die Verunglimpfung seiner Person durch Überzeichnung war die Methode der beiden großen Hitler-Satiren der 40er Jahre: „Der große Diktator“ von Charlie Chaplin und „Sein oder Nichtsein“ von Ernst Lubitsch. Beiden Filmen ist gemein, dass sie äußerst respektlos mit ihrer Figur und ihrer Redeweise umgehen.
Inszeniert wurden beide Satiren von zwei in den USA arbeitenden Europäern, dem Briten Chaplin und dem schon 1942 ausgewanderten Deutschen Lubitsch, dem, wäre er in Deutschland geblieben, Verfolgung gedroht hätte. Aber darf ein deutscher Regisseur das? Diese Frage scheint unausgesprochen hinter der gesamten Nachkriegsfilmgeschichte zu stehen – die sie bis in die neunziger Jahre eher verneint hat.
Der deutsche Spielfilm hat sich weitgehend um das Abbilden des „Führers“ gedrückt, ihn gewissermaßen umschrieben. Rainer Werner Fassbinder lässt in „Lili Marleen“ die Sängerin Wilkie (Hanna Schygulla) die Treppe in der Reichskanzlei hinaufschreiten, und als die Flügeltüren sich öffnen, bricht ein Lichterglanz hervor – ein Moment der Kolportage, mit der der Film genau wie mit der alten Ufa-Herrlichkeit permanent spielt.
Der filmische Umgang mit dem „Führer“ blieb dem Dokumentarfilm vorbehalten. Von Joachim C. Fest stammt „Hitler – Eine Karriere“ (1977), ein Zusammenschnitt zeitgeschichtlicher Aufnahmen. Zwei Jahrzehnte zuvor hatte sich schon Erwin Leiser in seinem „Adolf Hitler – Mein Kampf“ (Schweden 1959) an einer solchen Zusammenstellung versucht, die vom Ersten Weltkrieg bis zum Ende des Zweiten reichte.
Das Interesse an Täterbiografien scheint, gerade in Fernsehformaten, im letzten Jahrzehnt einen neuen Aufschwung zu erleben. Prägend waren sicherlich die vornehmlich vom ZDF ausgestrahlten Dokumentationen wie „Hitlers Helfer“ oder „Hitlers Frauen“, oder jüngst Heinrich Breloers „Speer und Er“, der Spielszenen mit dokumentarischen Aufnahmen mischte und in dem Tobias Moretti den „Führer“ als eine Charge darstellte.
Doch selbst im Kino der fünfziger Jahre gab es einen Film, der aus heutiger Perspektive wie ein Meilenstein in der Darstellung der Figur Adolf Hitler wirkt: G.W. Pabsts „Der letzte Akt“, eine österreichische Produktion aus dem Jahr 1955. Es geht um die letzten Tage Hitlers, den Albin Skoda darstellt, im Bunker unter der Reichskanzlei. Pabst vermeidet jede Morbidität, er filmt einen Totentanz mit expressionistischen Schlagschatten.
Hitler ist in diesem Film ein Mann, der sich in Ritualen ergeht, der nutzlose Befehle gibt und dem sein lächerliches Testament überhaupt keine Tragik verleiht. Noch einmal widmete sich „Der Untergang“ (2004) mit dem vielleicht besten Hitlerdarsteller bislang, Bruno Ganz, den letzten Stunden im Führerbunker – aber Pabsts Film bleibt der bösere, weil er gerade die Generäle als feige Speichellecker entlarvt.
Man sollte nie vergessen, dass der „Untergang“ und seine Vorläufer gewissermaßen den Resonanzrahmen bilden, auf dem sich die neueren Satiren über den Führer entfalten. „Der Bonker“ funktioniert schon von seinem Setting her als eine Parodie auf das monumentale Untergangs-Epos, und zu den Sternstunden in Dani Levys Komödie „Mein Führer“ gehört, dass sie sich lustig macht über die scheinheilige Psychologisierung Hitlers.
„Der Bonker“ und „Mein Führer“ sind Reaktionen auf die Nazi-Bilder der populären Kultur, auf den Kitsch, die billige Erklärwut. Sie verneinen die Größe ihrer Figur. Und sie sind dabei nicht die ersten: Armin Müller-Stahl etwa hat sich in seinem „Gespräch mit dem Biest“ (1997) jeder Psychologisierung verweigert und lieber ein Hitler-Doppelgänger-Verwirrspiel inszeniert.
Christoph Schlingensief hat in „100 Jahre Adolf Hitler – Die letzten Stunden im Führerbunker“ den „Untergang“ schon als große Lächerlichkeit vorweg genommen. Aber vielleicht sind „Der Bonker“ und „Mein Führer“ die vorerst definitiven Filme zum Thema, weil sie uns auch die bisherige Stumpfheit der Hitler-Bilder vor Augen führen. „Natürlich muss man über Hitler lachen!“, meint Herbert Achternbusch.