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Deutscher Pavillon 2011: Christoph Schlingensief
Schlingensiefs Pavillon bei der Biennale di Venezia 2011
Das Werk von Christoph Schlingensief im Zentrum der Aufmerksamkeit: Susanne Gaensheimer und Schlingensiefs Witwe Aino Laberenz gestalten den deutschen Pavillon als Gesamtkunstwerk und gewinnen den Goldenen Löwen.
Wenn man an die Kunstbiennale 2003 denkt, dann denkt man auch an Christoph Schlingensief, der damals seine "Church of Fear" im Garten des Arsenale aufgebaut hatte: Seine sogenannten Pfahlsitzer, verschreckte, traumatisierte Gestalten des neuen Jahrtausends, hockten am Eingang der Giardini auf Baumstämmen, als hätten sie sich vor dem Wasser, dem Terror, dem Leben in Sicherheit bringen wollen. Schlingensief sprang zwischen diesen Pfählen herum, tauchte in seiner Miniaturkirche auf, rief etwas in ein Mikrophon, deklamierte auf einer Bühne – es gab in den vergangenen zwanzig Jahren kaum einen deutschen Künstler, der so energisch Theater, Performance, Oper und Bildende Kunst durchmischt hat und, als Hauptfigur, Akteur und Agitator, so präsent in seinen Arbeiten war.
Gerade deshalb schien die Aufgabe unmöglich, die die Kommissarin des deutschen Pavillons und Direktorin das Frankfurter Museums für Moderne Kunst, Susanne Gaensheimer, in Venedig zu lösen hatte: Sie hatte 2009 den schon erkrankten Christoph Schlingensief gebeten, den Pavillon zu bespielen. Als der Künstler im vergangenen Sommer starb, waren seine Pläne noch nicht so weit fortgeschritten, dass sie ohne ihn hätte umgesetzt werden können.
Bloß keine Museumsgegenstände
Die Gefahren, eine Ausstellung über ihn statt mit ihm, zu machen, waren groß: Wie bei Beuys, auf den Schlingensief sich oft bezog, gibt es auch bei ihm eine Tendenz, Dinge, die als Requisiten im Zusammenhang mit Performances benutzt wurden, als kostbare Skulpturen zu präsentieren und sie zu Museumsgegenständen aufzuwerten, die sie so nie sein sollten. Dieser Gefahr entkamen Susanne Gaensheimer und Schlingensiefs Witwe Aino Laberenz: Ihr Pavillon ist als Gesamtkunstwerk inszeniert, dessen zentraler Raum die Bühne der Oberhausener Inszenierung "Die Kirche der Angst vor dem Fremden in mir" neu in Szene setzt.
Im rechten Flügel laufen sechs Filme, links werden Schlingensiefs Pläne für ein "Operndorf" mit Schule, Kantine, Krankenstation und Festspielgebäude in Burkina Faso gezeigt. Was Gaensheimer gelingt, ist, den vielen ausländischen Besuchern, die mit Schlingensiefs Arbeiten nicht vertraut sind, einen Eindruck zu vermitteln von seinem Werk als Experimentalfilmer, als Theatermacher, Opernregisseur und als jemand, der aus diesen Gattungen etwas Neues entwickelt hat. Um solche Entdeckungsräume und -möglichkeiten geht es schließlich bei Biennalen.
Text: Niklas Maak, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 5.6.2011
Materialübersicht zur Biennale di Venezia 2011
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