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"Wir müssen den WIR-Begriff erweitern!" - Fünfter Tagesbericht der Proben von "Kunst & Gemüse"
Die gestrigen Erläuterungen von Angela Jansen haben, so wie ihre Erscheinung insgesamt, Spuren hinterlassen - bei allen Beteiligten. Dzingirai: "Solche Begegnungen braucht es, damit wir merken, wie gelähmt wir selbst sind. Dahin hat Kunst uns gebracht."
Die Bühne bleibt heute kalt, statt dessen (Gedanken-)Spiele im Kopf. Kerstin Grassmann kritisiert das, sie will auch körperlich gefordert werden. Horst Gelonneck hat sich hingegen sogar eine Auszeit erbeten, um sich neu zu formieren. Die Stimmung im Saal ist gesetzter als an den vorangegangenen Tagen. Es genügt nicht, den ganzen "Kunst & Gemüse"-Laden in Stücke zu schlagen, es muß dann auch ein neues Warenangebot her! Man arbeitet am Licht, an der Musik und es ist spürbar, daß sich aus lauter Einzelteilen ein neues Sortiment zusammenstellt, aus dem man sich bedienen kann. Wichtig ist nicht der Wille, zu verändern, wichtig ist, sich selbst verändern zu wollen. Deshalb ist Godard heute Wagner, hat seine Dreharbeiten zum 11. September beendet und komponiert nun eine Ode auf den 12.9.: "Die Frage ist doch, was kommt danach?"
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Johannes Heesters probt für "Kunst, Gemüse & A. Hippler" (Foto: Schnepf) |
Angela Jansen hat ihren Platz im Zuschauerraum eingenommen und äußert neue Ideen; Erleichterung macht sich Luft: Der Gedankenvorrat ist noch nicht verbraucht! Am Nachmittag erhält sie eine Botschaft von Chefdramaturg Carl Hegemann, der am Katalog zum Stück arbeitet, und zwischendurch seine Eindrücke zu ihren gestrigen Ausführungen mitteilt:
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Liebe Angela,
was Du gestern gesagt hast, ist mir ein bißchen zu apodiktisch abstrakt theoretisch, Baudrillard ist da schon wieder von weg. Der Text vergißt, dass es auch einen Alltag gibt, der um Unterscheidungen zwischen Fiktion und Wirklichkeit nicht herum kommt. Einen solchen Text zu lesen, wirkt auf mich wie eine machtstrategisch motivierte Anmaßung. Wir wissen bescheid. Wir sind das Nichts. Hipler wußte das auch. Ist ja alles ok, aber gerade Dich sehe ich anders, nämlich als Möglichkeit des Gegenteils, die Auseinandersetzung mit einer jenseits von mir existierenden Welt ist zwingend nötig, notfalls durch Deine Laserkamera am Computer.
Dass Du den Computer und das Licht mit den Augen betätigst, dass Du im Bett nicht wund wirst, dass Du so bist wie alle anderen, dass Du nur auf- grund Deiner nicht vorhandenen Bewegungsmöglichkeiten "andere Prio- ritäten setzen mußt". Kuck Dir mal den Flusser Text über die Kammer- musik an. Den ewigen Orgasmus am Computer. Ich glaube mir mißfällt das Agitatorische. Für das Nichts agitiert man nicht, das ist sowieso da. Wenn man agitiert, ist es weg: Nullsummenspiel.
Wir müssen den WIR-Begriff erweitern.
Viele Grüße
Dein Carl
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Hosea Dzingirai sitzt noch bis in die Abendstunden am Regiepult und schreibt auf Hotelpapier einen Brief an Hipler (zu lesen auf dieser Seite!). Man denkt an allen Fronten. A.Hipler macht Mut: Der Gedankenspeicher ist voll - und voll intakt! Und das schon Tage vor der Vernissage am 17. November!
Artikel- und Materialübersicht zu Kunst & Gemüse, A. Hipler
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Kunst & Gemüse
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- Gastspiel 2006 in Paris
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KUNST UND GEMÜSE, A. HIPLER
Präsentiert von der Volksbühne Am Rosa-Luxemburg-Platz
Regie: Hosea Dzingirai, Co-Regie: Park Yung Min, Buch: Angela Jansen
Darsteller: Karin Witt, Maria Baton, Kerstin Grassmann, Katharina Schlothauer, Christiane Tsoureas, Ulrike Bindert, Anna Warnecke, Andrea Erdin, Reami Rosignoli, Peter Müller, Horst Gelonneck, Maximilian von Mayenburg, Christian Roethrich, Arno Waschk und das Schöneberger Schönberg-Orchester e.V. , Mario, Babba, Winnie, Simon und King David
Eine Christoph-Schlingensief- Produktion
Bühne: Thekla von Mülheim, Marc Bausback, Tobias Buser; Kostüm: Aino Laberenz; Video: Monika Böttcher; Videoassistenz: Heike Schnepf; zusätzliche Videos: Meika Dresenkamp, Robert Kummer; Musikalische Leitung: Uwe Altmann; Dramaturgie: Carl Hegemann; Dramaturgische Beratung: Henning Naß; Künstlerische Mitarbeit u. Internetredaktion: Jörg van der Horst; Licht: Torsten König; Ton: Wolfgang Urzendowsky; Regieassistenz: Sophia Simitzis; Kostümassistenz: Anne-Luise Vierling; Webdesign: Patrick Hilss; Inspizienz: Karin Bayer; Regiehospitanz: Sarah Bräuer, Hedi Pottag, Kai Krösche; Betreuung: Nathalie Noell
Mit besonderem Dank an: Dr. Thomas Meyer (Charité Berlin) und Jörg Immendorff
Premiere am 17.11.2004 im Großen Haus der Volksbühne Berlin
Externe Links
- Charité ALS-Seite
- Immendorf-Stipend.
- Schlingensief-ALS
- Volksbühne Berlin
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