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Unter die Oberfläche schauen


Zum Start der Deutschland-Edition des
Animatographen: Odins Parsipark

Märkische Oderzeitung, 18.8.2005

Neuhardenberg (MOZ) Über großen Besucherzuspruch hatte sich gerade die Flugschau Neuhardenberg auf dem ehemaligen DDR-Regierungsflughafen gefreut. In diesen Tage kroch dort auch Christoph Schlingensief durchs Unterholz, um nach Schauplätzen für sein neuestes Projekt Ausschau zu halten: "Der Animatograph. Odins Parsipark". Konnten sich die Akrobaten der Lüfte eines großen Interesses bei der Bewunderung der von ihnen an den Himmel gemalten Figuren sicher sein, so vollzieht sich die Annäherung an die Ideenwelt des Filmemachers, Theaterregisseurs und Aktionskünstlers Schlingensief als Prozess der - durchaus widerstreitenden - Annäherung. Ein Erschrecken des in die Denk- und Arbeitsweise des Provokateurs uneingeweihten Publikums ist von dem 45-jährigen Multitalent einkalkuliert.

Das ist bei seinem 2003 erstmals in Venedig und jetzt zur Begrüßung des Papstes in Köln präsentierten Projekt "Church of fear" (Kirche in Angst) so. Und das gilt auch für sein im vergangenen Mai auf Island begonnenes Langzeitprojekt "Der Animatograph", das Schlingensief ab Freitag auf dem Flugplatz Neuhardenberg vorstellt. Nach seiner Inszenierung von Richard Wagners Oper "Parsifal" in Bayreuth und der Island-Edition "House of Obsession" setzt der viel gescholtene Aktionskünstler damit seine Mythengeschichten fort. "Eine niemals endende Geschichte vom Kampf der Götter" will Schlingensief erzählen. In Ergänzung zu der für das Reyk-javik Art Festival geschaffenen begehbaren "Animatograph"-Installation eröffnet er ein tief im Wald von Märkisch-Oderland gelegenes Militärcamp, um die in allen seinen Projekten betriebene Mythensuche fortzusetzen.

Der Skepsis, Verzagtheit oder Ratlosigkeit des sich mit ihm auf eine Zeitreise begebenden Publikums rät Schlingensief zu "einem Gefühl kindlicher Freude", die jede noch so heftige Attacke überstehen ließe, "denn sie tut dann einfach nicht mehr weh".

Überhaupt wundert sich der gegen jeden Verdacht erhabene Künstler über derlei Befürchtungen. Bei den Neuhardenberger Flugtagen am vergangenen Wochenende habe er sein Projekt bereits getestet, "nur in strahlende Gesichter geschaut und die Entdeckerfreude der Leute begeistert" wahrgenommen. Sein "Animatograph" sei großartig angekommen, denn "die Leute haben bemerkt, dass ich nicht mit einer Dampfwalze über ihre Geschichte fahre". Genau so wenig wie er eine Zukunft baute, die den Einheimischen, dem "Strukturwandel der vergangenen Jahre gleich, teils zwanghaft das Konzept der Wessis überstülpt".

Geradezu begeistert habe er beobachtet, wie sie bemerkt hätten, "dass wir mit Augenzwinkern in Vergangenheit und Zukunft blicken". Das bestätige ihn, so der in Oberhausen geborene Provokateur, in der Überzeugung, "im Oderbruch ist etwas Ungeheures passiert, und so hat die Gegend verdient, dass man sich ihr immer neu widmet". Folgt Schlingensief dabei seinem programmatischen sozialen Anliegen? "Nicht vorsätzlich, der Zeitfluss führte uns in diese geschichtsträchtige Gegend. Sie wurde uns zum Geschenk", sagt er. Hier erlebe er "einen immerwährenden Film über eine endlose Zeitgeschichte. Dazu kommt, dass der Flugplatz etwas von Außerirdischen einbringt." Das alles sammle er im Animatographen, den er als eine "begehbare Fotoplatte" beschreibt, in der all seine Erfahrungen und die der Gesellschaft zusammenlaufen. Menschheitsgeschichte will er so festhalten wie im "Hildebrandslied" oder in der "Edda" geschehen.

Doch diesen Bezug muss niemand als Bildungsvoraussetzung für den Besuch der bis zum 28. August geplanten Freiluftaufführungen fürchten. Denn der Künstler ist für seine Bilderflut berühmt, und es scheint so, als ob der mit Mitte 40 immer noch so genannte "junge Wilde" diesmal ganz einfach die von ihm erwartete Provokation verweigere. Jeder soll sich auf seine Weise - zwischen ausgedienten Flugzeughangars, Munitionsbaracken und Mannschaftsunterkünften - selbst begegnen: Man betritt den Animatographen und sieht mit King Kong oder so manchen verblichenen Helden alte Bekannte, und wer will, kann eine Reproduktion seiner selbst beobachten. Davor sollte sich ja zumindest niemand fürchten müssen.



Materialübersicht zum Animatograph Odins Parsipark

- Odins Parsipark - Erste Eindrücke von der Premiere am 19. August 2005
- Der Animatograph - Das Programmheft zu Odins Parsipark (PDF)
- Beim Gruppensex mit Stalin - Salzburger Nachrichten vom 01.09.205
- Interview - Christoph Schlingensief im Gespräch mit Gerhard Ahrens
- Der tote Hase und die Bilder - Frankfurter Rundschau vom 22.8.2005
- Die Auferstehung des faulenden Fischs - FAZ vom 22.8.2005
- Vom Baum der Erkenntnis geschnitten - Berliner Zeitung vom 22.8.2005
- Nichts geht verloren - Die Tageszeitung vom 22.8.2005
- Der Zauberwald ist ein Totenacker - Die Welt vom 22.8.2005
- Willkommen im Parsipark - Der Standard vom 31.8.2005
- Wo sich Führer und Hase gute Nacht sagen - SZ vom 23.8.2005 (PDF)
- Alles dreht sich - Der Tagesspiegel vom 21.8.2005
- Götter im märkischen Wald - Sächsische Zeitung vom 22.8.2005
- Friedfertiger Krach - Berliner Morgenpost vom 22.8.2005
- Christophs Götter Geisterbahn - Maerkische Allgemeine vom 22.8.2005
- Unter die Oberfläche schauen - Märkische Oderzeitung vom 18.8.2005
- Odins Parsipark - Erste Bilder von den Dreharbeiten in Neuhardenberg
- Der Animatograph - Skizzen von Meika Dresenkamp & Kathrin Krottenthaler
- Odins Parsipark - Anleitung zum Selbstritual
- Odins Parsipark Pressemitteilung - Alle Informationen zum Parsipark
- Vorabbericht - Der Animatograph Deutschland Edition
- Pressemappe - Auswahl von Bildern in drucktauglicher Größe (ZIP
- Muezzin: Die Feigenbäume - Aus dem Koran (PDF)
- Pressemitteilung der NASA - Die Mondlandung der USA (PDF)
- Parsipark Plakat - Plakat zur Deutschland Edition des Animatographen (PDF)
- Animatographie als demokratische Projektion - von Jörg van der Horst (PDF)
- Stiftung Schloss Neuhardenberg - Offizielle Homepage der Stiftung
- T-B A21 - Homepage der Thyssen-Bornemisza Art Contemporary

Parsipark Dossier

- Programmheft zum
   Parsipark
(PDF)
- Interview von
   Gerhard Ahrens

- Anleitung zum
   Selbstritual

- Pressemitteilung
- Vorabbericht
- Muezzin: Die
   Feigenbäume
(PDF)
- Pressemitteilung
   der NASA
(PDF)
- Parsipark Plakat (PDF)
- Animatographie als
   demokratische
   Projektion
(PDF)

- Pressemappe:
   hochaufgelöstes
   Bildmaterial
(ZIP)

Bilderstrecken

- Die Premiere
- Dreharbeiten zu
   Odins Parsipark

- Planskizzen

Pressestimmen

- Salzburger Nachr.
- Frankfurter R. (PDF)
- FAZ (PDF)
- Berliner Ztg. (PDF)
- Tageszeitung (PDF)
- Die Welt (PDF)
- Der Standard (DOC)
- Süddeutsche (PDF)
- Tagesspiegel (PDF)
- Sächsische Ztg. (PDF)
- Berliner Mopo (PDF)
- Märkische Allg. (PDF)

- Radiokritik DLF,
   WDR, RBB
(MP3)

Verwandte Projekte

- Animatograph
   Island Edition

- Animatograph
   Afrika Edition


Externe Links

- Stiftung Schloss
   Neuhardenberg

- tba-21 Homepage






 


DER ANIMATOGRAPH – ODINS PARSIPARK
Kampf der Götter – Die Reise zum Mittelpunkt der Erde

Deutschland-Edition – »Midgard -> Ragnarök / Götterdämmerung«

Erste ur-animatographische Installation mit sechs Aktionen

Stiftung Schloss Neuhardenberg
19., 20., 21., 26., 27., 28. August 2005


Regie:
Christoph Schlingensief

Bühne: Tobias Buser; Aufbau, Technik: Udo Havekost, Harry Johansson; Kostüme, Fotos: Aino Laberenz; Requisite: Markus M. Thormann; Video: Meika Dresenkamp, Kathrin Krottenthaler; Dramaturgie: Jörg van der Horst; Regieassistenz: Hedwig Pottag; Kostümassistenz: Lisa Kentner; Internet: Jens Gerstenecker; Künstlerische Beratung: Henning Nass; Produktionsleitung: Celina Nicolay

Darsteller:
Björn Thors, Sachiko Hara, Klaus Beyer, Karin Witt, Horst Gelloneck, Maria Baton, Helga von Paczenski, Achim von Paczenski, Andrea Erdin, Jürgen Drenhaus

Und erstmals, als
Wernher von Braun: Markus M. Thormann

Technik: Matthias Warias; Ton: Jens Voigtländer; Video-Technik: Jens Crull; Beleuchter: Hans Wiedemann; Licht: Voxi Baerenklau

Produktion: Kristjan Schmitt; Produzent: Martin Siebert; Technische Leitung:Thomas Schröder; Hospitant: Johannes Maxim Zarnikow; Produktionsfahrerin: Julia Egloff; Betreuer Horst: Rainer Lembke, Björn Drese


Eine Produktion der Stiftung Schloß Neuhardenberg und von Christoph Schlingensief in Zusammenarbeit mit Thyssen-Bornemisza Art Contemporary, Vienna